Sattlerei, Trick 17 mit Satteldecken aus der DDR

Vieles hat die DDR überlebt, trotz des damaligen Mangels gibt es unzählige unverbaute Ersatzteile, gerade im Fahrradbereich. Naben, Speichen, Tretlager, Griffe und zum Beispiel Satteldecken.

Das Thema Sattel am Oldtimerfahrrad ist eine Krux. Mit eines der markantesten Bauteile, gibt es so gut wie keinen passenden Ersatz. Brooks fliegt raus, da sich deutsche Sättel von englischen doch markant unterschieden. Die Form der Decke und die Position der Nieten ist eine völlig andere, ebenso ist das Gestell „nur“ ähnlich. Was einem Sattel von damals noch entfernt ähnelt, sind Sättel von Lepper. Da man den Sattel unter dem Arsch des Radlers eh nicht sieht, kann man das evtl. noch verschmerzen. Zwar wurde die Form der Decke auch mehrfach geändert und modernisiert (meiner Meinung nach nicht zum guten hin), aber wer in den sauren Apfel beißen muss und einen Sattel zum fahren seines historischen Rades braucht, hat zumindest eine Ausweichmöglichkeit. Aber um Himmels willen bitte nicht den Lepper Primus verwenden, dieser hat einem hübschen Fahrrad nichts verloren! Dieses Monstrum von Sattel ist ein Verbrechen an ansonsten bildschönen Fahrrädern.

Die Idee trug ich jetzt schon länger mit mir herum. Wieso nicht eine halbwegs passende Decke auf ein altes Gestell transferieren? Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, eine Decke nachfertigen zu lassen, da ist man aber recht schnell bei 200€ und mehr. Für den Sparfuchs in mir, war das definitiv zu viel. Schon länger blieb ich immer wieder bei diversen DDR-Sätteln hängen. Zwar haben diese ein völlig anderes Gestell als Vorkriegssättel, aber die Form der Lederdecke war doch recht ähnlich. Das einzige Problem war, dass die Sättel die mir unterkamen bereits auf einem Gestell saßen und somit unbrauchbar waren, da Sattelnase und -Brücke natürlich nicht mit einem alten Gestell kompatibel sind und die Nieten natürlich auch woanders als benötigt positioniert waren.

Auf der Velocipediade 2018 in Essen fand ich nun endlich mal eine Satteldecke aus DDR Produktion, welche noch unverbaut, also ohne irgendwelche Löcher war. Für 10€ ein Schnapper. Von der Velo zurück, machte ich mich sofort dran, die Decke entsprechend zu präparieren. Natürlich kommt die Decke nicht ohne irgendwelche Haken aus. Die Decken sind in einem orange/braun lackiert, was weit entfernt ist von den natürlich belassenen Decken vor dem Krieg. Aber Lack lässt sich entfernen, auch wenn man ihn abschleifen muss. Danach kann man das Leder färben. Auch passt die Form nicht zu 100%, ist aber nah genug dran um nicht störend aufzufallen. Und zu guter letzt haben die Sättel keine „Belüftung“ in Form von Löchern oder einem Ausschnitt, was sich aber leicht mit einem Satz (guter) Locheisen beheben lässt.

Das Ergebnis sieht man auf den Bildern. Eine frische Decke, auf altem Gestell, welche man nun bedenkenlos fahren kann.

Sattlerei, Trick 17
  1. Martin

    Hallo Jan
    Meine Frau, meine 2 Töchter und ich fahren auf unseren Oldierädern auf längeren Radtouren ausschließlich Brooks ( B33, B18, 2x B66S). Auf Veranstaltungen werden aber alte Sättel aufgebaut. Nachdem ich vor 2 Jahren mit meinem 20er Jahre Richtersattel zusammengebrochen bin und ca. 20km im Stehen fahren musste bin ich bezüglich der Sattelfrage geheilt. Und mal ehrlich: normale Mitmenschen werden einen Brooks nicht als untypisch ansehen. Möchte dir noch Glückwünsche für deine schöne, informative Website da lassen.
    Viele Grüsse, Maddin alà diamant 1952.

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