Stricker Rekord Ballon Rad 26″ von 1936

Lange stand es bei mir im Keller, bevor ich mich aufraffen konnte, etwas an dem Rad zu tun. Ein Stricker Rekord Ballon Herrenrad von 1936. Zu finden in diesem Katalog in der Velopedia.

Beschaffung

Das Rad stand Anfang 2020 (bevor es mit Corona los ging) wochenlang bei eBay Kleinanzeigen für 90€ drin und niemand wollte sich diesem hübschen Rad annehmen. Also fuhr ich damals bei Eiseskälte Richtung Münster, um das Rad abzuholen. Unsicher, wie ich bei dem Projekt vorgehen sollte, wurde es erst einmal gehortet. Und wie es dann manchmal so ist, spürt man urplötzlich den Drang, so ein Projekt fertig zu stellen. Plötzlich war der Plan da, die Ersatzteile bestellt und es ging ans Werk.

Aufarbeitung

Das Rad war, bis auf den Lenker und die Pedale, in einem gutem originalen Zustand. Es musste nicht viel getan werden:

  • Der nach unten gebogene Lampenhalter wurde mittels Hammer und Amboss wieder gerade gehauen.
  • Der Lenker wurde durch einen von der Patina her passendem englischen Lenker ersetzt
  • NOS Nickel-Block-Pedale wurden angebracht
  • Die Laufräder wurden minimal nachzentriert
  • Eine Stricker-Lampe wurde organisiert
  • Neue Mäntel und Schläuche wurden aufgezogen
  • Alle Lager wurden geöffnet und komplett gereinigt sowie neu geschmiert
  • Das gesamte Rad wurde gründlichst gereinigt
  • Alles wurde mehrfach mit Wachs konserviert
  • Eine original Stricker-Klingel aus den 30er Jahren wurde verbaut
  • Bremsmantel der Torpedo-Nabe erneuert
  • Kugeln des Tretlagers- und der Vorderradnabe erneuert (Beste Bezugsquelle: https://www.kugel-winnie.de)

Die originale Satteldecke wird von mir noch bearbeitet. Es handelt sich um einen Polstersattel aus Kunstleder. Leider waren die Nähte schon verrottet und mussten komplett aufgelöst werden. Wenn ich nun mal wieder Lust und Zeit habe, wird die Decke neu vernäht und wieder aufgezogen. So lange dient eine Stabi-Plastik-Decke aus DDR-Produktion als Ersatz zum Fahren.

Erfreulich gestaltete sich das Abziehen der Kurbeln. Diese waren mit einem Innengewinde für einen Kurbelabzieher versehen. Nach dem Ausmessen konnte ein passender Polrad-Abzieher aus dem Kfz-Bereich mit metrischem 20×1 Gewinde organisiert werden, womit sich die Kurbel ohne weiteres abziehen ließen. Für die Kurbelmuttern wurde aus einem Torpedo-Werkezugschlüssel das passende Werkzeug gefeilt. Die Kugelringe im Tretlager wurden durch einzelne Kugeln ersetzt. Dadurch passen welche mehr Kugeln ins Lager. Dies erhöht zwar die Reibung, hilft aber alte Lager zu schonen da sich die Last besser verteilt.

Ein Malheur passierte mir noch beim Reinigen der Felgen. Diese waren mittig mit einem Streifen Holzdekor versehen. Leider löste das Reinigungsmittel (Hammerite Metallreiniger) dieses an, so das nur noch die elfenbeinfarbene Grundierung sichtbar war. Daher habe ich das Dekor wieder herstellen müssen, was mir aber in meinen Augen auch ganz gut gelungen ist. Daher meine Empfehlung als Reiniger: Nicht Hammerite, sondern besser: JA-TOP 38. Gegen Fett und Schmutz wirklich höchst effektiv, greift aber Lack und Metall nicht an, weil säurefrei.

Fazit

Es handelt sich um ein typisches Ballon-Rad aus Mitte der 30er Jahre. Es fährt sich ganz hervorragend damit. Was ich am stärksten kritisieren würde wäre zum einen:
Die Verarbeitung des Lackes. Dieser hat nämlich tatsächlich Schmutzeinschlüsse ab Werk (siehe Steuerkopfbilder). Da hätte ich bei Stricker mehr Aufmerksamkeit damals erwartet. Dafür ist der Lack ansonsten von guter Qualität, was man an der nahezu kompletten Rostfreiheit des Rahmens erkennen kann, im Vergleich zu den Schutzblechen und Felgen, welche stark gelitten haben und wahrscheinlich nur zugekauft wurden.

Und zum anderen:
Das Fehlen einer Nase am Lampenhalter. Dies machte das Kontern des Steuersatzes unnötig kompliziert, da die Gabel arretiert werden musste. Und viel Gespart haben kann man dadurch damals eigentlich nicht.
Zur Aufklärung: Der obere Teil des Steuersatzes besteht in der Regel aus einer aufschraubbaren Lagerschale, sowie einer Kontermutter. Damit nach der Einstellung des Spiels mittels der Lagerschale sich dieses nicht mehr großartig verstellt und der Lampenhalter auch brav nach vorne ausgerichtet bleibt, ist der Lampenhalter in der Regel mit einer Nase, sowie die Gabel mit einem entsprechendem Schlitz versehen (aufpassen, der Schlitz ist manchmal nach vorne, manchmal aber auch nach hinten ausgerichtet, weshalb man beim Kauf eines solchen oder einer Gabel auf die Kompatibilität untereinander achten sollte).

Ansonsten war dies eine angenehm einfache Aufarbeitung ohne gemeine Überraschungen.

Fotos

Stricker Rekord Herrendrad 1936

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